Was bedeutet es, Heeressportlerin im Parabadminton zu sein? Welche Möglichkeiten bietet das Bundesheer Menschen mit Behinderung im Leistungssport? Und wie sieht ein professioneller Alltag im österreichischen Heeressportzentrum aus? – In dieser Ausgabe von Racketista – das Racketsport-Magazin blicken wir gemeinsam mit Henriett Koósz, Parabadmintonspielerin und Paralympionikin, sowie Christian Krammer, Leiter des Heeressportzentrums, auf ein einzigartiges Fördermodell mit großer Wirkung.
Von London nach Paris
Henriett Koósz ist eine Pionierin des heimischen Parasports. Mit 24 begann sie mit Rollstuhltennis, wurde 2010 Staatsmeisterin und trat 2012 im Tennis bei den Paralympics in London an. Danach erklomm sie im Parabadminton die internationalen Spitze und schaffte es 2024 in Paris zu den Paralympics im Badminton.
Was wie ein geradliniger Weg klingt, war in Wahrheit alles andere als geplant. Nach einer krankheitsbedingten Pause fand Koósz über eine gemeinsame Trainingseinheit zum Badminton – und war schnell infiziert: „Es hat so viel Spaß gemacht, dass wir nur noch Badminton gespielt haben. Irgendwann kam der Gedanke: Vielleicht probieren wir es mal mit Turnieren. Und jetzt bin ich wieder da – mit dem Ziel, zu den Paralympics (Anm. 2024) zu fahren.“
Fördermodell mit Struktur – Das Heeressportzentrum
Das österreichische Bundesheer fördert jährlich bis zu 495 Athlet:innen. „Grundsätzlich nehmen wir die Besten“, erklärt Oberst Christian Krammer, Leiter des Zentrums. „Wir beginnen früh, ab dem 18. Lebensjahr, oft schon mit der Grundwehrpflicht – und begleiten die Sportler:innen im Idealfall bis zu 15 Jahre lang.“
Ziel ist es, Talente im Jugendbereich an die Weltspitze heranzuführen – und ihnen dann auch im Erwachsenenbereich ein professionelles Umfeld zu bieten. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit den Fachverbänden und Sport Austria eine zentrale Rolle.
Für Parasportler:innen wie Koósz war das lange nicht möglich – bis eine gesetzliche Dienstrechtsnovelle für Gleichstellung sorgte: „Früher konnten wir nur als Vertragsbedienstete für vier Jahre aufgenommen werden. Heute können wir wie alle anderen als Soldat:innen aufgenommen werden – mit denselben Rechten, demselben Gehalt, derselben Perspektive.“
Alltag im Sportbiotop
Trainiert wird u. a. in der Südstadt, einem der zentralen Heeressport-Stützpunkte, wo zahlreiche Sommersportarten aufeinandertreffen – vom Tennis bis zum Turnen. „Das Tolle ist der Austausch“, sagt Koósz. „Wir treffen uns regelmäßig zur Standeskontrolle, sehen andere Sportler:innen im Training, können uns über Verletzungen oder mentale Herausforderungen austauschen. Das ist ein echtes Miteinander.“
Der Alltag ist eng getaktet: Halleneinheiten, Athletik, Cardio, Physio, Mentaltraining, Videoanalyse – plus die Organisation des eigenen Sports. „Viele denken, Sportlerin sein heißt nur trainieren“, so Koósz. „Aber da steckt sehr viel Organisation, Kommunikation und Disziplin dahinter.“
„Viele denken, Sportlerin sein heißt nur trainieren. Aber da steckt sehr viel Organisation, Kommunikation und Disziplin dahinter.“
Henriett Koósz, Parabadmintonspielerin
Sicherheit für den Weg – auch bei Rückschlägen
Was passiert, wenn sich eine Athletin schwer verletzt – und ein Comeback fraglich ist? „Wir nehmen darauf Rücksicht“, sagt Krammer. „Wenn eine Diagnose vorliegt, bekommt man den sogenannten verletzten Status. Es gibt keine sofortige Entlassung. Stattdessen begleiten wir den Weg zurück – medizinisch, organisatorisch und menschlich.“

Und wenn es gar nicht mehr geht? Dann greift ein weiterer Vorteil: Berufsförderung während und nach der Sportkarriere, inklusive bezahlter Ausbildungsmöglichkeiten. „Das schafft Sicherheit – und macht es überhaupt erst möglich, sich ganz auf den Sport zu konzentrieren“, sagt Koósz.
Inklusion im Wettkampf – und noch viel Potenzial
Dass Parasport nicht nur gefördert, sondern auch sichtbar gemacht wird, liegt Henriett Koósz besonders am Herzen. „2019 waren wir bei der Badminton-WM in Basel gemeinsam mit den Nichtbehinderten im selben Turnier – ein großartiges Erlebnis. Da haben uns unsere Kollegen angefeuert, und es gab echten Austausch.“ Solche Events seien noch selten, aber wegweisend: „Es zeigt, was möglich ist.“
Auch Krammer sieht hier einen Wandel: „Einige Sportarten – wie Schießen oder Orientierungslauf – bieten von Natur aus Inklusionspotenzial. Aber viele Verbände sind hier gefordert. Das Thema wächst, und wir sind auf einem guten Weg.“
Gleiche Chancen durch gleiche Struktur
Die Geschichte von Henriett Koósz zeigt, wie entscheidend professionelle Rahmenbedingungen für sportlichen Erfolg sind – gerade im Parasport. Das Heeressportmodell des Bundesheers bietet nicht nur finanzielle und organisatorische Unterstützung, sondern auch ein Umfeld, in dem Integration und Inklusion gelebt werden.
Die Sendung wurde am 1. Jänner 2024 auf Streamster TV erstausgestrahlt.



