Wie hat sich die Sportberichterstattung in den letzten Jahrzehnten gewandelt? Was bedeutet Streaming für Racketsportarten? Und wie können Randsportarten medial mehr Sichtbarkeit erlangen? In einem spannenden Gespräch mit Joe Langer, Generalsekretär von Sportsmedia Austria, und Christopher Wagner, Gründer von Streamster, beleuchten wir die Entwicklung der Branche.
Wie Sportjournalismus früher funktionierte
Joe Langer weiß, wovon er spricht. Der Sportjournalist blickt auf über 50 Jahre Erfahrung zurück. In den 70er Jahren war von Internet, geschweige denn Livestreams, keine Rede. Stattdessen tippte man mit der Schreibmaschine, redigierte per Hand und schickte Texte in die Setzerei. „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen,“ so Langer.
Ein anschauliches Beispiel liefert er mit den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona: Kein Internet, nur ein internes Intranet für akkreditierte Journalisten. Informationen über Athleten an entfernten Wettkampforten kamen oft erst mit einem Tag Verzögerung an – Handytelefonate waren keine Selbstverständlichkeit.
Streaming als Gamechanger für Randsportarten
Christopher Wagner, selbst ehemaliger Judoka, kennt die andere Seite der Entwicklung. Was mit Handyaufnahmen von Judo-Kämpfen begann, ist heute ein professionelles Medienunternehmen: Streamster.
„Es reicht nicht, dass etwas passiert. Es muss auch emotional vermittelt werden.“
Christopher Wagner, CEO Streamster
„Wir wollten mehr Action, mehr Sichtbarkeit für Sportarten wie Judo oder Tischtennis,“ sagt Wagner. Der Gedanke: Mehr Kameras, mehr Perspektiven, bessere Geschichten. „Es reicht nicht, dass etwas passiert. Es muss auch emotional vermittelt werden.“
Sport fürs Fernsehen oder für Social Media?
Joe Langer beobachtet, wie Fernsehen und soziale Medien unterschiedliche Zielgruppen bedienen. Während der Fernseher bei ihm zu Hause läuft, um informiert zu bleiben, setzen jüngere Generationen vermehrt auf Plattformen wie TikTok oder Instagram. Dort werden Highlights sekundenschnell geteilt, während das klassische Interview im TV weiter seine Berechtigung hat.
Wagner ergänzt: „TikTok ist nicht der Ort für ein ganzes Spiel, aber für emotionale Ausschnitte, für die andere Perspektive hinter den Kulissen.“

Racketsport auf Streamster und im ORF
Streamster überträgt viele Racketsportarten – von Tischtennis bis Badminton. Einige Produktionen finden ihren Weg sogar ins ORF-Programm. Die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Rundfunk basiert auf einem dreisäuligen Modell:
- Der Verband beauftragt die Grundproduktion.
- Der ORF bestellt Beiträge für Sendungen oder Übertragungen.
- Die Plattform Streamster bündelt Inhalte für mehr Sichtbarkeit und Werbewert.
Ein gutes Beispiel: Die Tischtennis-Bundesliga – sie war früher kaum sichtbar, heute ist sie fixer Bestandteil im Sportprogramm.
„Streaming ist erst der Anfang“
Mehr Kameras, Replays, Highlight-Clips, Social-Media-Snippets: Für Wagner ist das alles Teil eines „Medienpakets“. Wer wirklich mediale Aufmerksamkeit will, muss mehr tun als nur ein Spiel übertragen. Wichtig ist auch die redaktionelle Aufbereitung – ein Bereich, in dem oft Pressesprecher der Verbände gefragt sind.

Langer betont dabei die Bedeutung des persönlichen Kontakts zu Redaktionen. „Wer nur eine Schulaufsatz-Presseaussendung verschickt, hat es schwer.“ Erfolgreiche Medienarbeit beginnt mit Geschichten – und den Menschen, die sie erzählen.
Online-Medien, Paywalls und neue Modelle
Auch im Bereich Print- und Onlinemedien hat sich viel getan. „Früher haben Leute Ergebnisse ausgeschnitten und gesammelt. Heute vergrößern sie die Schrift am Smartphone,“ sagt Langer.
Fachmedien wie Racketista setzen auf Abomodelle – ein Modell, das Langer grundsätzlich positiv sieht: „Wenn es gut gemacht ist, zahlt man dafür auch gerne.“
„Früher haben Leute Ergebnisse ausgeschnitten und gesammelt. Heute vergrößere ich die Schrift am Smartphone.“
Joe Langer, Generalsekretär von Sportsmedia Austria
Auch bei Video-Inhalten wird Pay-per-View ein Thema. „Vor allem, wenn Mama oder Oma dem Enkel zuschauen will, ist die Zahlungsbereitschaft da,“ erklärt Wagner. Langfristig werde die Zahlungsbereitschaft steigen, wenn Inhalte qualitativ hochwertig und gut aufbereitet sind.
Der Ausblick
Der Sportjournalismus wird nicht verschwinden, aber sich weiter wandeln. Langer wünscht sich, dass sowohl klassische Medien als auch neue Plattformen überleben. Wagner sieht die Zukunft in der Kombination aus professioneller Videoarbeit und intelligenter Verbreitung: „Wir wollen nicht mit zehn Kameras ein Champions-League-Finale filmen, sondern mit jeweils drei Kameras hundert Events gleichzeitig.“
Und wenn sich die beiden eine Racketsportart aussuchen dürften, die mehr Aufmerksamkeit verdient? Für Wagner ist es Padel – als aufstrebender Trend mit viel Potenzial. Für Langer ist es Racketlon, das die Vielfalt der Racketsportarten in einem Bewerb vereint.
Streaming, Social Media und neue Medienmodelle verändern die Sportberichterstattung grundlegend. Wer heute Sichtbarkeit will, braucht mehr als nur Ergebnisse. Er braucht Bilder, Geschichten – und die richtigen Partner.